Am Abseilen hängen Gesundheit und Leben. Oft genug passieren viele Unfälle. Deshalb muss der Umgang mit dem Abseilgerät gründlich gelernt werden. Beim Abseilen im Klettergelände passieren viele Unfälle. Die meisten davon sind absolut vermeidbar, vorausgesetzt, man ist sich einer Reihe von Risiken bewusst und beherzigt einige Grundregeln.

 
Grundregeln für alle Abseilgeräte

- Seil richtig ins Abseilgerät einlegen. (Achter, Reverso o.ä.)

- Immer mit Hintersicherung (Prusik) abseilen und vorher  testen!

- Die Bremshand umfasst die Prusik am nach unten gehenden Bremsseil.

- Langsam abseilen.

- Auf Personen im "Landegebiet" achten.

 

Risiko 1: Die Verankerung

Es gilt das Gleiche wie für den Standplatz: Ein einzelner Sicherungspunkt ist nur ausreichend, wenn es sich um einen hundertprozentig sicheren Punkt handelt. Absolut zuverlässige Sicherungspunkte sind: Sicherheitshaken (= Norm-Bohrhaken), eine dicke, "gewachsene" Sanduhr, ein Baum oder ein "gewachsener" Felskopf (bzw. -block).

Zuverlässige Sicherungspunkte

 

Sicherheitshaken - Sanduhr - "gewachsenes" Köpfel - Baumschlinge

 

In allen anderen Fällen ist ein einzelner Sicherungspunkt - insbesondere ein einziger Normalhaken - zu wenig und es ist notwendig, "Redundanz" herzustellen: Versagt ein Sicherungssystem, übernimmt ein zweites die Funktion. An Abseilstellen, die noch ausschließlich mit Normalhaken ausgestattet sind, findet man oft ein wildes Gewirr von mehr oder weniger alten Reepschnüren. Man ist gut beraten, deren Zustand streng zu beurteilen, und sollte sich nicht scheuen, eigene Reepschnüre oder Bandschlingen zu opfern.

Risiko 2: Das verflixte Seilende

Nicht immer sind beim Abseilen beide Seilstränge gleich lang, sei es, dass wir mit zwei unterschiedlich langen Halb- oder Zwillingsseilen klettern, sei es, dass sich die Markierung der Seilmitte verschoben hat. Und wenn man über ein Seilende "hinausfährt", dann ist die Katastrophe ebenso perfekt, wie wenn gleich beide übersehen werden. Trügerisch ist das mit dem einen Seilende besonders deshalb, da durch einen beiläufigen Blick in die Tiefe leicht der täuschende Eindruck entstehen kann, dass da ohnehin noch genug Seil sei …Knoten ins Seilende!

Es gibt eine Lebensversicherung, die dieses Risiko ausschließt und zwar zu 100 Prozent: ein Achterknoten über beide Seilenden etwa einen Meter vor deren Ende. Dass Seilschaften darauf verzichten - und das tut mehr als die Hälfte, vor allem "Extreme" -, ist eines der besten Beispiele für jene allzu gefährliche Routine, die gerade für den Experten ein großes Risiko birgt.

 

Risiko 3: Loslassen der Bremshand

 Beim Abseilen ohne entsprechende Sicherung bedeutet ein Loslassen der Hände den Absturz, zumindest bis zum Knoten im Seilende         (sofern vorhanden)!

Vom ersten Abseilenden sollte er generell benützt werden. Die Folgenden können darauf verzichten, wenn der Partner beide Seilstränge in den Händen hält. Das Seil kann nicht entwischen, wenn der erste Partner es im Abseilgerät belässt.

Der geschätzte Zeitaufwand beträgt eine Minute pro Abseilstrecke. Und wer’s regelmäßig macht, kann diese Zeit leicht unterbieten und kennt auch jene Tricks, die ein Abseilen mit dem Prusik fast genau so bequem machen wie ohne. Dabei genügt es ja, wenn der Erste gesichert mit Prusik abseilt. Dieser hält dann beide Seilstränge in den Händen und kann durch Spannen des Seiles einen möglichen Absturz seines Partners leicht verhindern. Um zu verhindern, dass das Seil entwischt, kann der erste Partner das Seil im Abseilgerät belassen.

Tipps zum Kurzprusik

- Der Prusik wird unterhalb des Achters eingeknüpft.

- Da der Achter am Hüftgurtring befestigt wird und der Prusik unterhalb der Bremse   eingeknüpft wird, besteht die Gefahr, dass er, wenn zu lang, in den Achter rutscht. Zu kurz sollte er aber auch nicht sein, da sich der Prusik sonst zu leicht "festbeisst" und so ein gleichmäßiges abseilen stört. Die iedale Länge liegt zwischen 15 und 20 Zentimeter.

- Ein ungewolltes Blockieren des Prusiks kann man dadurch gut verhindern, dass man den Kurzprusik immer mit der unteren Hand mitzieht.

-Als Fixierung zum Hüftgurt dient ein Schraubkarabiner in einer der beiden Beinschlaufen - oder je ein Schnapperin beiden Beinschlaufen.

 

Risiko 4: Steinschlag

Steinschlag lässt sich nur begrenzt verhindern: durch günstigen Seilverlauf und achtsames Abseilen. Spätestens beim Abziehen ist es dann aber mehr oder weniger Glückssache.

Sicherheitsempfehlungen:

-Tragen eines Helmes, auch in Klettergärten, in denen mit Steinschlag zu rechnen ist!

-Gesichertes Abseilen mittels Kurzprusik.

-Unten angekommen: In-Deckung-Gehen!

-Beim Abziehen des Seils gehört der Ruf "Achtung Seil!" immer noch zum guten Ton.

 

Risiko 5: Das Seil hängt fest

Da kann man ganz schön ins Schwitzen kommen, wenn sich - trotz wildester Zug-, Schleuder- und Peitschorgien - das Seil nicht abziehen lässt.

Tipps zum Seil-Abziehen

-Der Erste bemüht sich zunächst um einen optimalen Seilverlauf und probiert, unten angekommen, ob sich das Seil abziehen lässt. Sollte es ein Problem geben, können die Folgenden noch etwas tun.

-Zwei Seile werden mit einem Sackstich verbunden. Dieser hat gegenüber dem Spierenstich den Vorteil, dass er sich "aufdreht" und seltener in einen Klemmknoten verwandelt.

-Das Seil, das nicht abgezogen wird, wird von oben in den Abseilring gesteckt und danach mit dem zweiten Seil verknüpft.

-Die Farbe des Seiles merken, das abgezogen wird. Am besten, man spricht es aus: "Rot zieht." Und dieses Seil bleibt dann für alle weiteren Abseilstrecken das "Abziehseil" .

-Auch das nachfallende Seil kann so ungünstig zu liegen kommen, dass man es nicht mehr abziehen kann. Verläuft eine Abseilpiste nicht senkrecht, kann es daher klug sein, kürzere Abseilstrecken zu wählen.

 

Risiko 6: Haare und Kleider

Die Gefahr des Hängenbleibens von Haaren oder lockeren Kleidungsstücken im Achter sollte nicht unterschätzt werden!

Denn abgesehen davon, dass es sehr schmerzhaft sein kann, wenn sich die Lockenpracht in das Abseilgerät hineinzieht, kann das Hängenbleiben im Achter auch viel dramatischere Folgen bewirken: Das weitere Abseilen wird unmöglich gemacht oder man lässt vor Schreck das Seil los und kann nicht mehr bremsen.

Vorsichtsmaßnahmen

Wesentlich vermindert wird das "Skalpier-Risiko", wenn das Abseilgerät am Hüftgurtring befestigt wird, um ein elegantes Abseilen zu erleichtern (auch bei einer Hüft-Brustgurt-Kombi!). Und natürlich gilt: Peinlich darauf achten, dass weder die langen Haare noch der Schlabberpulli dem Achter zu nahe kommen.

 

Risiko 7: Blackout

Die Arbeiten am Standplatz (Einhängen, Aushängen) oder Zeitdruck infolge eines herannahenden Unwetters können dazu führen, dass das Unglaubliche passiert.

Zum Beispiel dass das Abseilgerät nicht in den Hüftgurtring (!) eingehängt wird, sondern dass es in einer Materialschlaufe landet oder dass der Schraubkarabiner nicht zugedreht wird. Daher gilt: Der Partnercheck ist auch beim Abseilen eine äußerst sinnvolle Sicherheitsmaßnahme!

 

 

                                             

                         Sachsendorf  •  2001-2008