Im Sommer 84 machten wir eine Bergfreizeit in den
Dolomiten um vor allem die Marmolada zu besteigen.
Dieser Berg ist 3344 m hoch und der höchste Gipfel
der Dolomiten. Unser Zeltplatz war am Sellapass, 20 km
von Canazei weg. Gegenüber die Hütte Pian
Schiavaneis, die Roberto gehörte. Einen Tag vor dem
Aufstieg zur Marmolada wurden die Klettersachen von
Wolfgang unserem Erzieher nochmals genau kontrolliert.
Wir freuten uns alle sehr auf diese Gletschertour.
Letztes Jahr war ich auch schon dabei. Wir konnten
damals die Tour wegen schlechtem Wetter nicht machen.
Diese Jahr mußte es einfach klappen. Für alle war es
die erste Tour über einen richtigen Gletscher mit
Spalten. Wolfgang erzählte uns viel davon und zeigte
uns Bilder von früheren Begehungen mit Jugendlichen.
Es war eine tolle Kameradschaft und
Atmosphäre zwischen den einzelnen Teilnehmern. Als
Wolfgang die Kletterausrüstung kontrolliert hatte,
wurde alles sortiert und in die einzelnen Rucksäcke
verstaut. Danach machten Angelika und ich das Abendessen. Dann
gingen wir noch zu Roberto in die Hütte, wo wir noch
etwas tranken und uns über die morgige Tour
unterhielten. Wolfgang spielte noch Gitarre und sang
dazu. Es wurde noch ein gemütlicher Abend, denn
österreichische
Kletterer kamen noch zu uns und sangen viele lustige
Lieder. Am nächsten Tag brachen wir gegen 14 Uhr auf.
Zuerst mit unserem Bus nach Alba auf den Parkplatz.
Von dort aus marschierten wir mit unserem vielen Gepäck
zur Contrin Hütte. Das Wetter war prima, die Sonne
schien und wir waren alle guter Laune. Das letzte Stück
zur Hütte war ziemlich steil. Durchgeschwitzt kamen
wir nach 2 Std. auf der herrlich gelegenen Hütte an.
Wir schauten uns noch die Gegend rund um die Hütte
an, vor allem eine kleine Kapelle, die mitten auf
einem Felsabsatz stand. Bevor wir dann um 22 Uhr ins
Bett gingen, saßen wir noch ein bissel zusammen.
Um 5 Uhr morgens hieß es dann raus aus den Federn.
Wir alle waren gut drauf, außer Wolfgang. Er hatte
arge Kopfschmerzen ( ein Bier zuviel ) und meinte
aber: “Ein Indianer kennt keinen Schmerz“
Der Weg bis zum Einstieg der Marmolada war sehr mühsam
und anstrengend. Es ging fast nur über Schotter und
unwegsames Gelände. Wolfgang hat dabei 3 Hemden
verschwitzt. Dann endlich nach 2 ½ Std. waren wir am
Einstieg in der Marmoladascharte, von hier führt ein
Klettersteig über den Westgrat zum Gipfel. Wir holten
nun unsere Ausrüstung aus dem Rucksack, legten den
Klettergurt an, knüpften Reepschnüre in den Gurt,
setzten unseren Steinschlaghelm auf - und los ging die
Kletterei. Wolfgang nahm Alfred, Gerhard und Angelika
an das Seil, da sie noch nicht viel Erfahrung hatten
und ein bißchen Beklemmung. Jochen ging als Erster,
gefolgt von mir. Danach kam Wolfgang mit den Anderen.
Der Kletterei war sehr schön, steil und luftig. Man
mußte unbedingt schwindelfrei sein. Die Fernsicht war
einmalig. Wir waren super drauf, es machte sehr viel
Spaß. Nach dem Klettersteig mußten wir uns das
letzte Stück anseilen und mit Pickeln und Steigeisen
ein steiles Firnfeld
queren und waren dann endlich auf
dem Gipfel - auf der
Marmolada
Erschöpft aber unheimlich glücklich. Wir freuten uns
riesig, auf einem so hohen Gipfel zu sein. Am
gewaltigen Gipfelkreuz beglückwünschte uns Wolfgang
für die tolle Leistung. Wir machten eine Stunde Pause
und konnten uns kaum satt sehen an der
grandiosen
Fernsicht. Jetzt kam aber bald der Höhepunkt der
Tour. Der weite
Gletscherabstieg
über Spalten und
steile
Eisflanken. Wir machten uns nun an den Abstieg. Steigeisen wurden
wieder angelegt, das Seil eingeknüpft und dann
marschierten wir endlich los. Zuerst ging es einen Firngrat entlang, der war
sehr steil und luftig. Wolfgang mußte uns sichern.
Nach dieser steilen Flanke mußten wir noch über
Felsen klettern, bis wir dann auf dem rießigen
Marmoladagletscher standen. Vorsichtig ging es sichernd über viele Spalten. Wir
hatten schon etwas Angst, aber Wolfgang munterte uns
immer wieder auf. Oft blieben wir stehen, um manche
große und tiefe Spalten zu betrachten. Es war
faszinierend mitten in so einer Gletscherlandschaft.
An einer besonders großen und sehr tiefen Spalte
zeigte uns Wolfgang wie eine Gletscherbergung gemacht
wird. Bald hatten wir die Spalten hinter uns, der
Schnee wurde immer weicher von der Sonneneinstrahlung.
Die Kameradschaft zwischen uns und Wolfgang war toll.
Jeder half Jedem, wo es nur irgendwie nötig war. Bald
waren wir am Lift.
Die Tour war zu Ende. Fast 11 Std. waren wir
unterwegs. Wir waren total geschafft aber unheimlich
stolz und glücklich. Wir sind dann mit der Gondel zum
Fedajasee hinunter geschwebt. Vom Tal aus konnten wir
nochmals die Marmolada mit dem gewaltigen Gletscher
betrachten. Wolfgang und Angelika sind dann per
Autostop nach Alba getrampt um den Bus hierher
zubringen. Danach gab es ein großes Pizzaessen. Später
wurde noch recht ausgiebig gefeiert bei Roberto in
Pian Schiavaneis. Wir erzählten uns noch lange von
der Gletschertour.
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