Bei
diesen gemeinsamen Kletter-und Bergtouren in den Dolomiten konnten wir auch
viele Menschen erleben - Menschen und Schicksale, an die wir mit Sicherheit
noch lange denken werden. Ich konnte mit den Jugendlichen erleben, wie sich
Bergunerfahrene in Kletterrouten wagten und dabei ihr eigene
Leistungsfähigkeit überschätzten. Sie brachten dabei sich, wie auch
andere Kletterer in äußerste Gefahr und Notlagen. Daheim bei unseren Theorieabenden erfahren die Jugendlichen aus Lehrbücher,
oder auch von mir selbst, wie man Schwierigkeiten und Gefahren im Gebirge
entgegentreten kann. Doch hier konnten sie nun selbst erleben, wie
unglaublicher Leichtsinn und Selbstüberschätzung im Gebirge zu einer
Katastrophe führen kann......
Pisciaduklettersteig
Ich machte mit 6 Jugendlichen den schon erwähnten Pisciadu-Steig
Für alle
Teilnehmer war es wieder mal die erste Begegnung mit dem Alpenraum und dem
Hochgebirge. Trotz mehrmaliger Kontrolle der Selbstsicherungen kamen wir gut
und zügig voran. Das Wetter war herrlich. Alles paßte an diesem Tage
richtig zusammen - die gute Laune, die Kameradschaft und eine schöne
Umgebung inmitten der Felsenlandschaft.
Überschätzung
Bald
waren wir am letzten Steilstück, als plötzlich ein rauschen über unseren
Köpfen war. Ich konnte gerade noch die Gruppe warnen. In diesem Augenblick
sausten und flogen faustgroße Steine an uns vorbei. Peter wurde von einem
Stein getroffen, hatte aber großes Glück, denn sein Steinschlaghelm
bewahrte ihn vor größerem Schaden. Er hatte eine große Schürfwunde, die
wir ohne große Problemen gut versorgen konnten. Wir erholten uns schnell
von dem Schrecken und kletterten weiter. Vor mir sah ich schon die große
Eisenleiter, die uns zu einem Quergang führte. Unterhalb der Querung sahen
wir eine Frau in einer kleinen Höhle kauern. Sie heulte. Daneben stand ihr
fluchender und schimpfender Begleiter. Ich erkundigte mich zögernd bei den
Beiden, was denn passiert ist. Die Frau gab mir zu verstehen, daß sie von der Route abgekommen sind und
jetzt nicht mehr weiter wissen. Sie dachten, es wäre eine leichte Tour, die
jeder machen könnte. Außerdem meinte der Mann, er habe schon mal
geklettert, sich aber wahrscheinlich zuviel zugetraut. Beide saßen nun in
diesem Quergang. Vor ihnen ca. 400 m senkrecht abfallender Fels. Die Frau
hatte nur leichte Turnschuhe an. Sie hatten weder Seil noch Karabiner dabei.
Zum Glück hatte ich noch ein zweites Seil dabei und einige Reepschnüre
sowie Karabiner.
Hilfe im Hochgebirge
Ich
mußte den Beiden erst zeigen, wie man sich an Klettersteigen anseilt und
selbst sichern kann. Sie hatten keine Ahnung. Eigentlich hätte ich Beide
uns Tal bringen müssen, doch ich hatte für meine eigene Gruppe die
Verantwortung. Ich durfte diese auf keinen Fall alleine lassen. Wir machten
mit den Leuten aus, wenn sie im Tal angekommen sind, das geliehene
Kletterzeug unter unseren Bus zu legen. Wir wünschten nun den Beiden einen
guten Abstieg und hofften natürlich, daß diese ohne weitere
Schwierigkeiten im Tal ankommen. Uns war es nicht wohl. Es kamen schon
erhebliche Zweifel auf, doch mehr konnten wir einfach nicht tun. Anhand dieser Geschichte, wie die Jugendlichen ja selbst erlebt haben,
konnte ich ihnen erneut klar machen, wie gefährlich eine Selbstüberschätzung
im Gebirge sein kann. Beide „Kletterer“ hatten sich natürlich total übernommen
und vor lauter Unsicherheit und Angst, sind die Beiden dann von der
eigentlichen Route abgekommen. Vor allem können solche Leute durch ihre
eigene Unsicherheit andere Menschen bzw. Kletterer in große Gefahr bringen.
An dem Steinschlag haben wir es selbst erfahren. Nur durch Instinkt und
schneller Reaktion konnte ein noch größeres Unglück verhindert werden.
Als wir dann am Abend wieder ins Tal abgestiegen sind, fanden wir das Seil
unter unserem Auto. Dabei lag ein Zettel mit folgenden Zeilen: „Vielen
Dank für Euere Rettung und Hilfsbereitschaft, anbei DM 100.- für einen
vergnüglichen Abend. Eure dankbaren Wanderer“ Wir hatten natürlich einen
vergnüglichen Abend und uns noch sehr viel zu erzählen
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